Nierenerkrankungen - Nierenversagen

Definition

Sind die Nieren durch eine Erkrankung so geschädigt, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die bei normaler Ernährung anfallenden Stoffwechselendprodukte vollständig auszuscheiden, so spricht man von Nierenversagen oder Niereninsuffizienz. Je nachdem, ob sich das Nierenversagen rasch (z.B. durch akuten Blutverlust mit Schock) oder langsam (z.B. aufgrund einer chronischen Nierenentzündung) entwickelt, unterscheidet man zwischen akuter und chronischer Niereninsuffizienz.

Bei beiden Erkrankungen ist eine der Schwere der Erkrankung angepasste eiweißarme Ernährung die Grundlage der Behandlung. Den Grad der Niereninsuffizienz bestimmt der Arzt mit Hilfe des Kreatinin- und Harnstoffspiegels im Blut. Der Normalwert bei Kreatinin liegt zwischen 0,8-1,2 mg/dl und der Normalwert von Harnstoff liegt bei 20-45 mg/dl. Bei einer Niereninsuffizienz sind diese Werte erhöht. Ist die Niereninsuffizienz allerdings so stark ausgeprägt, dass mit eiweißarmer Diät keine Besserung mehr möglich ist, muss entweder mit der künstlichen Niere (Hämodialyse) oder mit Bauchfellspülung (Peritonealdialyse) behandelt werden. Später kann dann eventuell auch eine Nierentransplantation (Nierenverpflanzung) nötig sein.

Tipp

In unserer Rubrik Berechnungstools können Sie mit Hilfe des Kreatininwertes ihre Glomeruläre Filtrationsrate berechnen.

Akutes Nierenversagen

Beim akuten Nierenversagen verringert sich die Urinausscheidung auf 100-500 ml/ Tag (Oligurie) oder sogar auf <100ml / Tag (Anurie). Im allgemeinen kommt es ca. 14 Tage nach dem akuten Ereignis wieder zu einer Urinausscheidung. Zur Vermeidung einer Vergiftung mit harnpflichtigen Substanzen ist in der Zwischenzeit eine Dialysebehandlung erforderlich. Nach etwa einem halben Jahr hat sich in der Regel die Nierenfunktion wieder normalisiert.

Chronisches Nierenversagen

Alle fortschreitenden Nierenerkrankungen können, wenn die Zerstörung des Nierengewebes ein bestimmtes Ausmaß erreicht hat, zu einer chronischen Niereninsuffizienz führen. Je nach Grad der Nierenfunktionsstörung lassen sich im Verlauf der chronischen Niereninsuffizienz verschiedene Stadien unterscheiden.

Ursachen

Akutes Nierenversagen

  • plötzlicher Blutverlust (z.B. nach schweren Unfällen oder Operationen)
  • plötzlicher Blutdruckabfall
  • Vergiftungen (bakterieller Infekt, Quecksilber, Pilztoxine)
  • allergische Schädigung der Nierenkörperchen durch Medikamente

Chronisches Nierenversagen

  • Entzündung der Nierenkörperchen (Glomerulonephritis)
  • Schädigung der Niere durch Zuckererkrankung (diabetische Nephropathie)
  • Nierenbeckenentzündung bzw. Entzündung des Nierenzwischengewebes
  • Zystennierenerkrankung
  • Nierensteine
  • Bluthochdruck
  • Schmerzmittelmissbrauch (v.a. Phenacetin)

Symptome

  • Abgeschlagenheit, Teilnahmslosigkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen usw.
  • entzündliche Schädigungen der Magen-Darm-Schleimhaut (sog. urämische Gastritis und Enteritis), die mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall einhergehen
  • Störungen des Zentralnervensystems mit Krampfneigung und psychischen Veränderungen (Konzentrationsschwäche, Sprachstörungen, depressive und paranoide Zustände, Muskelkrämpfe)
  • Blutarmut infolge Mangel an Erythropoetin (EPO)
  • entzündliche Veränderungen am Herzen (z.B. Perikarditis)
  • entzündliche Veränderungen an der Haut (Trockenheit, Schuppung, Hautblutungen, starker Juckreiz)
  • gestörte Wundheilung
  • Störungen hormoneller Funktionen (sekundärer Hyperparathyreoidismus, sek. Hyperaldosteronismus)
  • Rückbildung der Skelettmuskulatur

Krankheitsverlauf

1. Stadium

Stadium der leichten Niereninsuffizienz (volle Kompensation)

In diesem Stadium ist die Nierenfunktion unter Ruhebedingungen noch normal. Mit Hilfe empfindlicher Nierenfunktionsproben lässt sich jedoch eine geringe Einschränkung der Leistungsbreite erkennen. Die Symptome einer Niereninsuffizienz fehlen im allgemeinen, ebenso erfolgt noch keine Ansammlung harnpflichtiger Substanzen im Blut.

Serumkreatinin <2 mg/dl

2. Stadium

Stadium der mäßigen Niereninsuffizienz (kompensierte Retention)

In diesem Stadium kommt es zu einer vermehrten Urinausscheidung von mehreren Litern pro Tag (Polyurie) und zu einer geringfügigen Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen im Blut (Serumkreatinin 2-6 mg/dl, Serumharnstoff 100-150 mg/dl).

3. Stadium

Stadium der fortgeschrittenen Niereninsuffizienz (Präurämie)

Neben einem weiteren Anstieg der harnpflichtigen Substanzen im Blut (Serumkreatinin 6-12 mg/dl) treten deutliche Symptome der chronischen Niereninsuffizienz auf. Außerdem vermindert sich die Urinausscheidung auf Werte bis unter 500ml/Tag (Oligurie).

4. Stadium

Stadium der dekompensierten Niereninsuffizienz (Urämie/ Dialysebehandlung)

Unter weiterer Abnahme der Harnmenge auf ca. 100 ml/Tag und weniger (Anurie) kommt es zum klassischen Bild der Urämie. Der Serumharnstoff liegt bei >150 mg/dl, das Serumkreatinin bei >12 mg/dl.