Nierenerkrankungen - Ernährung
Ernährungstherapie bei akutem Nierenversagen
Die Therapie richtet sich zunächst nach der auslösenden Grunderkrankung und dem Schweregrad der akuten Niereninsuffizienz. Bei einer schwach ausgeprägten Verlaufsform reichen diätetische Maßnahmen meist aus. Entscheidend ist die Höhe der Flüssigkeitszufuhr, die sich nach der Harnausscheidung des Patienten richtet und daher individuell angepasst werden muss. Regelmäßiges Wiegen kann dabei helfen, Wassereinlagerungen durch eine zu hohe Flüssigkeitszufuhr zu verhindern.
In der Regel müssen sich Patienten mit akutem Nierenversagen kurzfristig einer Dialysebehandlung unterziehen, sofern die Flüssigkeitsausscheidung weiter abnimmt und/oder die Kaliumwerte im Blut stark ansteigen. In diesen Fällen muss die Ernährung den Erfordernissen der Dialyse angepasst werden (siehe Ernährungstherapie bei Dialysebehandlung).
Im Gegensatz zur chronischen Niereninsuffizienz muss die Dialyse nur für die Dauer der akuten Phase durchgeführt werden. Nach der Normalisierung der Nierenfunktion (nach ca.14 Tagen) kommt es zu einer reaktiv vermehrten Urinproduktion und -ausscheidung (mehrere Liter/ Tag), so dass die Flüssigkeitszufuhr entsprechend der Urinmenge gesteigert werden kann.
Ernährungstherapie bei chronischem Nierenversagen
Die Ernährung chronisch niereninsuffizienter Patienten nimmt im Rahmen der Gesamttherapie eine bedeutende Rolle ein. Das Ziel ernährungstherapeutischer Maßnahmen ist die Absenkung der harnpflichtigen Substanzen im Blut, die Senkung und Normalisierung des Blutdrucks bei häufig vorhandenem Hochdruck sowie die Ausschwemmung von krankhaften Wassereinlagerungen (Ödemen). Außerdem soll eine Mangelernährung vermieden und ein Fortschreiten der Nierenerkrankung sowie ihren Folgekrankheiten verhindert werden.
Ein wichtiger Teil der richtigen Ernährung ist eine dem Bedarf des Organismus und der Nierenfunktion angepasste Eiweißzufuhr, da durch eine zu hohe Eiweißaufnahme nicht nur kranke, sondern auch gesunde Nieren belastet werden. Ferner kann durch eine Eiweißrestriktion das Fortschreiten der Niereninsuffizienz verlangsamt werden.
Eiweißzufuhr im...
1. Stadium
Patienten in diesem Stadium wissen häufig noch nichts von ihrer Erkrankung. Die Nieren sind noch in der Lage, alle physiologischen Aufgaben zu erfüllen. Die Eiweißzufuhr sollte entsprechend den Empfehlungen für Gesunde bei etwa 0,8g Eiweiß/ kg Körpergewicht liegen, was sich am einfachsten über eine vegetarische Kost realisieren lässt.
2. Stadium
In diesem Stadium ist eine eiweißarme (0,45-0,6g Eiweiß/ kg Körpergewicht/ Tag) Ernährung angezeigt. Bei der Zusammenstellung einer solchen Kost sollte man möglichst die höhere biologische Wertigkeit bestimmter Eiweißkombinationen beachten, z.B. Kartoffel-Ei, Bohnen-Ei, Getreide-Milch etc.
3. Stadium
Zur Senkung der stark erhöhten Kreatinin- und Harnstoffwerte im Blut darf in diesem Stadium die täglich zugeführte Menge an Eiweiß 0,35-0,45g/ kg Körpergewicht nicht überschreiten. Hier ist die Verwendung speziell eiweißreduzierter Lebensmittel notwendig (z.B. eiweißarmes Mehl, Brot, Teigwaren). Eine solche Kost am Rande des Eiweißminimums muss jedoch streng ärztlich überwacht werden, da bei nicht ausreichender Eiweißzufuhr körpereigenes Leber- und Muskeleiweiß abgebaut werden. Um zu verhindern, dass Eiweiß zusätzlich zur Energiegewinnung herangezogen wird, ist auf eine bedarfsdeckende Energiezufuhr zu achten.
Um bei einer derart niedrigen Proteinzufuhr einen Eiweißmangel zu verhindern, ist es notwendig, besonders hochwertige Proteine zuzuführen. Auf dieser Tatsache beruht die "Kartoffel-Ei-Diät". Die Kombination dieser beiden Lebensmittel enthält das bislang hochwertigste Eiweiß überhaupt.
Als Alternative kann auch die sogenannte Schwedendiät durchgeführt werden. Die Nahrungsmittelauswahl ist hier nicht so streng, so dass bei der Speiseplan abwechslungsreicher gestaltet werden kann. Allerdings müssen die bei der Schwedendiät in unzureichender Menge enthaltenen essentiellen Aminosäuren (Eiweißbausteine) in Tabletten- oder Granulatform zugeführt werden.
Tagesbeispiel für eine eiweißarme Diät
Bei einer Eiweißzufuhr von 0,4g/kg Körpergewicht/Tag ergibt sich für eine 70kg schwere Person eine Eiweißaufnahme von ca. 28g/Tag. Um deutlich zu machen, welche Lebensmittel Sie in diesem Fall essen dürften, um Ihre Eiweißzufuhr auf 28g/Tag zu senken, wird im Folgenden ein Menüplan als Tagesbeispiel vorgestellt.
Frühstück | kcal | Eiweiß [g] |
---|---|---|
80g glutenfreies, eiweißarmes Brot | 187,2 | 0,8 |
20g Butter | 148,2 | 0,13 |
30g Aprikosenkonfitüre | 81,6 | 0,1 |
30g Kräuterfrischkäse | 74,7 | 2,55 |
150ml Kaffee | 0 | 0 |
10g Kaffeesahne | 11,7 | 0,31 |
10g Zucker | 40,5 | 0 |
Zwischenmahlzeit | ||
150g Banane | 142,5 | 1,73 |
Mittagessen | ||
Kartoffelauflauf: | ||
300g Kartoffeln (gegart) | 207 | 5,88 |
100g Aubergine (gegart) | 17 | 1,23 |
80g Zucchini (gegart) | 15,2 | 1,28 |
80g Tomaten (gegart) | 16 | 0,85 |
10g Margarine | 72,16 | 0,02 |
50g Sahne | 153,91 | 1,18 |
30g Hühnerei (gegart) | 44,7 | 3,73 |
20g Gouda (45% Fett i.Tr.) | 72,96 | 5,1 |
Zwischenmahlzeit | ||
Obstsalat: | ||
50g Kiwi | 25,31 | 0,5 |
50g Birne | 26 | 0,25 |
50g Apfel | 26 | 0,17 |
50g Banane | 47,5 | 0,57 |
10g Zucker | 40,5 | 0 |
20ml Zitronensaft | 5,29 | 0,08 |
Abendessen | ||
Schnittlauchbrot und gemischter Salat: | ||
80g glutenfreies, eiweißarmes Brot | 187,2 | 0,84 |
20g Butter | 148,2 | 0,13 |
3g Schnittlauch | 0,82 | 0,11 |
50g Tomate | 8,63 | 0,47 |
50g Gurke | 6 | 0,3 |
30g Radieschen | 4,5 | 0,31 |
10g Sonnenblumenöl | 88,2 | 0 |
Summe | 1902,48 kcal | 28,97g Eiweiß |
Aus diesem Beispiel wird ersichtlich, dass eine eiweißreduzierte Diät mit einer Eiweißzufuhr mit 0,4g/ kg Körpergewicht/ Tag nur dann eingehalten werden kann, wenn auf sehr eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch und Fisch ganz verzichtet wird und wenn eiweißreiche Wurst- und Käsesorten durch eiweißärmere Sorten ersetzt werden.
Tipp: Eiweissarme Rezepte
In unserer Rezeptdatenbank finden Sie zahlreiche eiweißarme Rezepte.
4. Stadium
Da hier eine weitere Reduktion der Eiweißzufuhr nicht mehr möglich ist und ein Ansteigen der Stoffwechselendprodukte durch diätetische Maßnahmen nicht mehr verhindert werden kann, muss in diesem Stadium mit der Dialysebehandlung begonnen werden.
Flüssigkeitszufuhr
Die Flüssigkeitszufuhr sollte zwischen 2 und 2,5l/Tag betragen, um die anfallenden Stoffwechselendprodukte auszuscheiden. In der Regel kann sich der Patient auf sein Durstgefühl verlassen, da eher die Tendenz zur Austrocknung als zur Überwässerung besteht. Stark erhöhte Trinkmengen sind überflüssig und begünstigen die Entstehung von Lungen- und Hirnödemen.
Natrium, Kalium, Phosphat
Eine Einschränkung der Natrium- bzw. Kochsalzaufnahme ist v.a. bei bestehendem Bluthochdruck bzw. bei Wassereinlagerungen notwendig. Ansonsten sollte der Salzgehalt der Nahrung 6g/Tag nicht übersteigen. Streng natriumarme Diäten können sogar zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion führen.
Eine chronische Niereninsuffizienz macht eine Einschränkung des Phosphatverzehrs notwendig. Da der Phosphatgehalt bei einer eiweißarmen Ernährung ohnehin vermindert ist, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
Eine Kaliumreduktion ist nur dann notwendig, wenn der Kaliumgehalt des Blutes erhöht ist. Ist dies der Fall, müssen besonders kaliumreiche Lebensmittel gemieden werden. Durch eine spezielle küchentechnische Aufbereitung lässt sich der Kaliumgehalt der Lebensmittel reduzieren. Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz (Kreatinin>6mg/dl) sollte die tägliche Kaliumzufuhr etwa 2g betragen.