Ernährungsreport 2020: Wie beeinflusst die Corona-Pandemie das Ernährungsverhalten?

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Donnerstag, 17. September 2020

Zum fünften Mal hat das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Bundesbürger zu ihren Ernährungs- und Einkaufsgewohnheiten befragt. Aufgrund der aktuellen Lage wurde diesmal ein Corona-Sonderteil ergänzt. Welchen Einfluss hatten die Beschränkungen im Frühjahr auf unser Einkaufs-, Koch- und Essverhalten?

Bereits im Dezember 2019 und Januar 2020 befragten die forsa-Mitarbeiter ungefähr 1000 für Deutschland repräsentativ ausgewählte Personen im Alter von mindestens 14 Jahren. Die Corona-Sonderbefragung erfolgte im April 2020 mit ebenfalls rund 1000 Befragten. Alle Ergebnisse wurden unlängst im Ernährungsreport 2020 veröffentlicht.

Worauf achten wir beim Lebensmitteleinkauf?

  • Oberste Priorität hat nach wie vor der Geschmack. Dieser Aussage stimmen nahezu alle Befragten zu (98 Personen). 83 Prozent der Befragten achten auf die regionale Herkunft der Produkte. Dagegen ist der Preis der Lebensmittel nur für knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) wichtig.
  • Vielfalt punktet: 70 Prozent der Befragten essen täglich Obst und Gemüse und auch Milchprodukte werden vergleichsweise häufig verzehrt. Dagegen ist der Fleisch- und Wurstverzehr rückläufig. Lediglich ein Viertel der Befragten (26 Prozent) geben an, täglich Produkte aus dieser Lebensmittelgruppe zu verzehren.
  • Vier von fünf Befragten (81 Prozent) begrüßte die Einführung eines staatlichen, unabhängigen Tierwohlkennzeichens. Die Hälfte der Verbraucher (45 Prozent) wären auch bereit, für Produkte aus besserer Tierhaltung mehr zu bezahlen.
  • Flexitarisch ist „in“: Wurde früher eine Verringerung des Fleisch- und Wurstverzehrs propagiert, hat sich daraus eine neue Ernährungsform entwickelt, der sogenannte Flexitarier. 55 Prozent der Befragten zählt sich zu den Flexitariern, die gelegentlich bewusst auf Fleisch verzichten. Der Anteil der Vegetarier (5 Prozent) und Veganer (1 Prozent) an der Bevölkerung ist dagegen konstant geblieben.
  • Knapp die Hälfte der Befragten (49 Prozent) hat schon mindestens einmal vegetarische oder vegane Alternativen zu tierischen Produkten gekauft. Hauptmotiv waren Neugier (73 Prozent), gefolgt von Tierwohl (48 Prozent), Geschmack (43 Prozent), Klima (41 Prozent) und Gesundheit (37 Prozent).

Wie denken wir über die Nahrungszubereitung?

  • Die Mehrheit der befragten Bundesbürger (73 Prozent) kocht gerne. Dies trifft auf alle Altersgruppen zu. Während 39 Prozent der Befragten so gut wie jeden Tag kochen, schafft es eine ebenso so große Gruppe, immerhin zwei- bis dreimal pro Woche zu kochen (40 Prozent). Vier Prozent kochen seltener, neun Prozent nie.
  • Bei der Zubereitung von Gerichten kommt es der Hälfte der Befragten (52 Prozent) darauf an, dass diese schnell und einfach zuzubereiten sind. Dies gilt unabhängig davon, ob Kinder im Haushalt leben oder nicht.

Was ist uns bei unserer Ernährung wichtig?

  • Kaum überraschend dürfte das Ergebnis sein, dass 90 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass die Ernährung gesund sein sollte.
  • Bei Fertigprodukten achten Verbraucher auf den zugesetzten Zucker. 86 Prozent der Befragten befürworten einen geringeren Zuckergehalt von Fertigprodukten, auch wenn diese dann weniger süß sind.
  • Initiativen zur Verminderung von Lebensmittelverschwendung scheinen zu fruchten. Neun von zehn Befragten (91 Prozent) geben an, Lebensmittel nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums nicht direkt in den Müll zu werfen, sondern diese zunächst mit ihren Sinnen zu prüfen. Vor vier Jahren waren dies lediglich 76 Prozent.

Laut den Ergebnissen der Befragung hat während der Corona-Krise

  • die Bedeutung der Landwirtschaft für mehr als ein Drittel der Befragten (39 Prozent) zugenommen. Dies galt insbesondere für die Altersgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wo beinahe jeder zweite (47 Prozent) der Landwirtschaft eine höhere Bedeutung zumaß als zuvor.
  • Einer von drei Befragten (30 Prozent) gab an, in der Coronazeit mehr zu kochen als zuvor. Fast ebenso hoch war der Anteil derer, die häufiger gemeinsam aßen (28 Prozent).
  • Für die Zubereitung der Speisen wurden außerdem mehr frische Zutaten verwendet.
  • Klassische Lieferangebote und etablierte Lieferdienste für fertige Mahlzeiten wurden dagegen überraschend selten genutzt (lediglich von 6-8 Prozent der Befragten). Dagegen gab jeder fünfte Befragte an, für den Einkauf von Lebensmitteln oder fertigen Mahlzeiten häufiger als zuvor Lieferangebote der örtlichen Gastronomen in Anspruch zu nehmen.

Bundesernährungsministern Julia Klöckner wertete dies als Zeichen des gesellschaftlichen Zusammenhalts. „Denn unsere Gastronomie ist Teil unserer Ernährungskultur, sie spiegelt regionale Besonderheiten und Identität wider. Ob die neue Kochbegeisterung von Dauer sein wird oder lediglich den Einschränkungen in der Corona-Pandemie geschuldet ist, werden wir erst später beurteilen können“, so Klöckner. „Corona verändert auch den Ernährungsalltag der Deutschen“, folgert sie. „Lebensmittel aus der Region haben an Bedeutung gewonnen. Es ist ein neues Bewusstsein für Lebensmittel entstanden – und für die Arbeit derjenigen, die sie produzieren. Diese neue Wertschätzung gilt es aufrecht zu erhalten.“

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verfasst von am 17. September 2020 um 06:44

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