Adipositas-Leitlinie aktualisiert
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina BĂ€chle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung ErnĂ€hrung und Gesundheit
Donnerstag, 10. Juli 2014
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) hat in Zusammenarbeit mit anderen Fachgesellschaften ihre Leitlinie zur âPrĂ€vention und Therapie der Adipositasâ aktualisiert. Akteure aus dem Gesundheitswesen und der Gesundheitspolitik finden darin spezifische Informationen und evidenzbasierte Empfehlungen fĂŒr die PrĂ€vention und Therapie der Erkrankung.
Obwohl Adipositas schon seit lĂ€ngerem als Zivilisations- oder Volkskrankheit bezeichnet wird, war die Krankheit bis dato ĂŒberhaupt nicht als Krankheit definiert. Mit der Veröffentlichung der neuen Leitlinie ist die Erkrankung nun offiziell als Krankheit anerkannt â ein Schritt, der fĂŒr den PrĂ€sidenten der DAG, Prof. Dr. med. Martin Wabitsch, âĂŒberfĂ€llig und wegweisendâ ist. ZukĂŒnftig können nicht nur die Folgeerkrankungen von Fettleibigkeit, sondern auch die Adipositas an sich als Kassenleistung therapiert werden. âDies wird hoffentlich auch dazu beitragen, der weitverbreiteten Stigmatisierung Ăbergewichtiger im Alltag entgegen zu wirkenâ, hofft Wabitsch.
Therapie ja, aber richtig
Die Leitlinie ârĂ€umt mit einigen falschen Vorstellungen und Empfehlungen auf, die fast tĂ€glich in den Medien kursieren und Menschen mit Ăbergewicht verwirrenâ, fasst Wabitsch die Bedeutung der zweiten Auflage der Leitlinie fĂŒr Menschen mit Adipositas zusammen.
Wichtige Eckpunkte der Leitlinie zur Adipositastherapie sind
- die Aufhebung der Fixierung auf bestimmte HauptnĂ€hrstoffe in der Reduktionskost: FĂŒr eine nachhaltige Gewichtsreduktion ist es von untergeordneter Bedeutung, ob auf Fett, Kohlenhydrate oder EiweiĂ geachtet wird â entscheidend ist, dass Energie eingespart wird (empfohlen wird ein Energiedefizit von 500 Kalorien pro Tag) und dass die Vorlieben, Erfahrungen, Kenntnisse und StĂ€rken des Abnehmwilligen fĂŒr die Adipositastherapie genutzt werden.
- das Angebot einer hÀufigen und strukturierten ErnÀhrungsberatung durch geschultes Fachpersonal,
- die BerĂŒcksichtigung neuer Erkenntnisse in der Verhaltenstherapie,
- neue Zielvorstellungen in der Adipositastherapie: Die Formulierung der Therapieziele sollen zukĂŒnftig individuell fĂŒr jeden Patienten erfolgen. AuĂerdem wird die Bedeutung der Gewichtsstabilisierung hervorgehoben,
- körperliche AktivitĂ€t als elementarer Bestandteil fĂŒr MaĂnahmen zur Gewichtsreduktion und -stabilisierung,
- die Beschreibung von Zielgruppen fĂŒr kommerzielle Gewichtsreduktionsprogramme, wobei auch die zu erwartende Gewichtsabnahme durch diese Programme aufgefĂŒhrt wird,
- Die Beschreibung der Voraussetzungen fĂŒr eine chirurgische Therapie und die Betonung der Bedeutung einer lebenslangen interdisziplinĂ€ren Nachsorge im Anschluss an den Eingriff.
Vorbeugen ist besser als Heilen
Getreu dem Motto âvorbeugen ist besser als heilenâ sind in der Leitlinie auch Empfehlungen zur Vorbeugung von Ăbergewicht zu finden. Bisher beziehen sich die Empfehlungen ausschlieĂlich auf das eigene Verhalten: Es wird empfohlen, sich regelmĂ€Ăig körperlich zu betĂ€tigen, bedarfsgerecht zu ernĂ€hren und das Körpergewicht regelmĂ€Ăig zu kontrollieren.
Zukunftsperspektiven
Doch ein wichtiges Thema im Bereich der PrĂ€vention fehlt noch: ZukĂŒnftig sollen auch gĂŒnstige Rahmenbedingungen fĂŒr ein erfolgreiches Gewichtsmanagement mit in die Leitlinie aufgenommen werden, kĂŒndigt der Koordinator und Leitlinienbeauftrage der DAG, Prof. Dr. med. Alfred Wirth, an: âDie Leitlinie geht nicht auf verhĂ€ltnisprĂ€ventive Aspekte der AdipositasprĂ€vention und explizit nicht auf die gesundheitspolitische Verantwortung des Staates zur Schaffung eines gesundheitsfördernden Lebensumfeldes ein. Diese Aspekte mussten bei einer nĂ€chsten Ăberarbeitung berĂŒcksichtigt werden.â
Quellen einblenden
- InterdisziplinĂ€re Leitlinie der QualitĂ€t S3 zur âPrĂ€vention und Therapie der Adipositasâ
- Deutsche Adipositas-Gesellschaft (2014): S3-Leitlinie zur „PrĂ€vention und Therapie der Adipositas aktualisiertâ. Pressemitteilung vom 02.06.2014.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina BĂ€chle am 10. Juli 2014 um 06:20
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Was den meisten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit Adipositas fehlt ist die Motivation von anderen. Deswegen finde ich acuh das Plakat im Artikel eine gute Motivation, die man auch echt umsetzen sollte.