Immer noch erhöhte PA-Gehalte in Kamillentees
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina BĂ€chle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung ErnĂ€hrung und Gesundheit
Mittwoch, 11. Juni 2014
Nachdem das Bundesinstitut fĂŒr Risikobewertung (BfR) im Juli 2013 bei einer stichprobenartigen Untersuchung von KrĂ€utertees wiederholt Pyrrolizidinalkaloide (PA) nachgewiesen hatte, lieĂ das ZDF-Verbrauchermagazin WISO gut ein halbes Jahr spĂ€ter diese Tests fĂŒr 15 Fenchel- und Kamillentees wiederholen â mit gemischten Ergebnissen.
Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind Stoffe, die Pflanzen zum Schutz vor FraĂ-Feinden bilden. Je nach Pflanzenart werden unterschiedlich viele PA gebildet, wobei die Konzentration in verschiedenen Pflanzenteilen variiert. Umweltbedingungen wie Klima und Bodenbeschaffenheit haben ebenfalls Einfluss auf die Bildung von PA. Eine hohe Aufnahme von PA kann die Leber schĂ€digen. In Tierversuchen wirkten bestimmte PA-Verbindungen (1,2-ungesĂ€ttigte PA) erbgutschĂ€digend und krebserregend.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Bestimmung von PA-Verbindungen in Lebens- und Futtermitteln untersuchte das BfR im Juli letzten Jahres 221 handelsĂŒbliche KrĂ€utertee- und Teeproben aus dem Lebensmitteleinzelhandel auf den Gehalt von 1,2-ungesĂ€ttigten PA. Damals fasste der PrĂ€sident des BfR Professor Dr. Dr. Andreas Hensel die Ergebnisse zusammen: âWir haben in einigen Proben unerwartet hohe Gehalte an Pyrrolizidinalkaloiden in den KrĂ€utertee- und Teeproben gemessenâ. Aufgrund seiner Berechnungen ging das BfR davon aus, dass âeine akute GesundheitsschĂ€digung bei kurzfristiger Aufnahme fĂŒr Erwachsene und Kinder unwahrscheinlichâ sei, bei einem lĂ€ngerfristigen Verzehr ĂŒberdurchschnittlich hoher Mengen von mittel bis hoch belasteten Produkten könnte aber, so das BfR, âein Risiko einer gesundheitlichen GefĂ€hrdung, insbesondere bei Kindern, Schwangeren und Stillenden, bestehenâ. Hinzu kommt, dass PA auch schon in anderen Lebensmitteln, zum Beispiel Honig, Milch, Eiern, Getreide, GemĂŒse und Salat nachgewiesen wurden. Dennoch gibt es bislang keine gesetzlichen Grenzwerte fĂŒr PA in Lebensmitteln.
Da nicht mit Sicherheit gesagt werden konnte, ob es sich bei den Untersuchungen auf PA in KrĂ€utertees um Zufallsfunde handelte, formulierte das BfR seine Schlussfolgerungen unter dem Vorbehalt, dass weitere Analysen die bisherigen Ergebnis bestĂ€tigten. Hier knĂŒpfte das Verbrauchermagazin WISO an und lieĂ erneut je 15 Kamillen- und Fencheltees (darunter auch Tees aus biologischem Anbau) untersuchen. Die Ergebnisse dieser ĂberprĂŒfungen wurden Ende April ausgestrahlt. Die erfreuliche Nachricht zuerst: In keiner der untersuchten Fenchelteeproben wurden PA gefunden. Weniger positiv waren die Untersuchungsergebnisse bei Kamillentees: In 10 der 15 Proben wurden PA nachgewiesen, wobei der Gehalt sehr stark variierte. Unter den Tees mit hohen PA-Gehalten waren auch Bio-Tees vertreten.
In einer Stellungnahme des Deutschen Teeverbands e.V. zu den erneuten PA-Funden wird versichert, dass die Teewirtschaft diese sehr ernst nimmt und âaus vorsorgendem Verbraucherschutz mit allen Mitteln umfassend an einer Minimierung der Stoffeâ arbeitet. Um verlĂ€ssliche Ergebnisse zu erhalten, so der Deutsche Teeverband weiter, wurde die Analysemethode des BfR weiterentwickelt und praxistauglich gemacht. WĂ€hrend des Produktionsprozesses wĂŒrden Muster, Rohwaren und Tees systematisch auf PA untersucht und Chargen mit hohen PA-Gehalten direkt aus dem Verkehr gezogen.
Diese MaĂnahmen dienen dem akuten Verbraucherschutz. Parallel wird â so der Deutsche Teeverband â nach den Ursachen der erhöhten PA-Gehalte in Tee geforscht, um eine Kontamination in Zukunft direkt zu vermeiden. Die GeschĂ€ftsfĂŒhrerin des Verbands, Dr. Monika Beutgen, erlĂ€utert: âDie Teeunternehmen stehen in engem Kontakt zu den Anbauern, um die Ursachen fuÌr nachgewiesene PA-Gehalte herauszufinden und zu beseitigen.“ Ein Ansatzpunkt sind PA-bildende BeikrĂ€uter, die zwischen den Teepflanzen wachsen und mitgeerntet werden.
Es kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass Lebensmittel mit potenziell gesundheitsgefĂ€hrdenden Stoffen belastet sind. HĂ€ufig beschrĂ€nken sich diese Belastungen aber auf wenige Lebensmittel oder einzelne Lebensmittelgruppen. Deshalb empfiehlt das BfR bei der ErnĂ€hrung auf Abwechslung und Vielfalt bei der Lebensmittelauswahl zu achten. In Bezug auf Tee bedeutet dies, dass insbesondere Risikogruppen wie Kinder, Schwangere und Stillende nicht ausschlieĂlich KrĂ€utertees oder andere Tees trinken, sondern zwischen verschiedenen GetrĂ€nken abwechseln sollten.
Quellen einblenden
- BfR (2013): Gehalte an Pyrrolizindalkaloiden in KrÀutertees und Tees sind zu hoch. Pressemitteilung vom 15.07.2013
- BfR (2013): Pyrrolizidinalkaloide in KrÀutertees und Tees. Stellungnahme vom 05.07.2013.
- WISO (2014): Krebsgefahr durch Kamillentee. WISO findet Pflanzengift in 10 von 15 Proben.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina BĂ€chle am 11. Juni 2014 um 09:56
vorheriger Artikel: Generation Awake: EU-Kampagne zum Schutz natĂŒrlicher Ressourcen
nÀchster Artikel: Health Share Award 2014: Jetzt sind Sie dran!
DEBInet-ErnĂ€hrungsblog - ĂŒber uns
Unsere Autoren schreiben fĂŒr Sie ĂŒber Aktuelles und Wissenswertes aus ErnĂ€hrungswissenschaft und ErnĂ€hrungsmedizin. Die redaktionell aufbereiteten Texte richten sich nicht nur an Experten, sondern an alle, die sich fĂŒr das Thema "ErnĂ€hrung" interessieren.
Sie können sich die BeitrĂ€ge per Newsletter zuschicken lassen oder diese ĂŒber RSS-Feed oder Twitter abonnieren.
FĂŒr die Schriftenreihe der Gesellschaft fĂŒr Rehabilitation bei Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (GRVS) wurden 222 unserer Blog-Artikel ausgewĂ€hlt. Das dabei entstandene ErnĂ€hrungs-Lesebuch ist 2017 im Pabst Science Publishers Verlag erschienen und steht Ihnen hier kostenlos zum Download zur VerfĂŒgung
© 2010-2021 Kluthe-Stiftung ErnĂ€hrung und Gesundheit