Mischköstler, Vegetarier oder Veganer: Wer ist am besten versorgt?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 17. Mai 2016
Für die einen ist es nur eine Ernährungsweise, für die anderen fast so etwas wie eine Weltanschauung. Ungeachtet der Beweggründe, die zu einer bestimmten Ernährungsweise führten, stellt sich die Frage: Wie gesund ist sie? Beziehungsweise: Kann damit langfristig der eigene Nährstoffbedarf gedeckt werden?
An der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (kurz: ETH Zürich) haben Wissenschaftler die Nährstoffversorgung von 100 Mischköstlern, 53 Ovo-Lacto-Vegetariern und 53 Veganern im Alter von 18 bis 50 Jahren verglichen. Im Unterschied zu Mischköstlern verzichten Ovo-Lacto-Vegetarier auf Fleisch, Fisch und daraus hergestellte Produkte, essen aber Milchprodukte und Eier. Vegan lebende Menschen meiden konsequent alle Lebensmittel tierischen Ursprungs. Für die Studie führten alle Probanden ein dreitägiges Ernährungsprotokoll, woraus die Nährstoffaufnahme ermittelt wurde. Anhand von Blut- und Urinproben beurteilten die Experten außerdem den Versorgungszustand der drei Gruppen mit verschiedenen Nährstoffen.
- Die Auswertung der Ernährungsprotokolle offenbarte, dass Mischköstler am wenigsten Magnesium, Vitamin C, Vitamin E, Niacin, Folsäure und Ballaststoffe mit ihrer Nahrung zu sich nahmen. Bei Veganern waren insbesondere die Aufnahme von Calcium, Vitamin D und Vitamin B12 kritisch.
Wie gut war nun die Nährstoffversorgung in den verschiedenen Gruppen? Hier zeigte sich, dass alle Ernährungsformen unterschiedlich gelagerte Schwachstellen haben:
Über die Hälfte der Mischköstler (58 Prozent) hatten einen Folsäure-Mangel. - Bei gut jedem zweiten Vegetarier (58 Prozent) war die Versorgung mit Vitamin B6 (58 Prozent) und bei jedem dritten Vegetarier (34 Prozent) die Versorgung mit Niacin mangelhaft.
- Knapp die Hälfte der Veganer (47 Prozent) wies einen Zinkmangel auf.
Bei den Veganern war die Aufnahme an Vitamin B12 erwartungsgemäß vernachlässigbar gering, dennoch war ein Vitamin-B12-Mangel in allen drei Gruppen sehr selten. Die Wissenschaftler schreiben dies der häufigen Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zu. Das Vitamin-B6-Defizit der Vegetarier führen die Forscher dagegen darauf zurück, dass Ovo-Lacto-Vegetarier zwar auf Fleisch, eine gute Vitamin-B6-Quelle, verzichten, im Gegensatz zu Veganern aber auch selten andere Vitamin-B6-reiche Lebensmittel wie Sojabohnen, Hefe und Sprossen zu sich nehmen. Die Versorgung mit Eisen unterschied sich dagegen zwischen den drei Gruppen kaum.
Die Wissenschaftler resümieren, dass jede Ernährungsform spezifische Probleme in Bezug auf die Aufnahme von und Versorgung mit Nährstoffen mit sich bringt. Dementsprechend sei keine Ernährungsform eindeutig den anderen beiden überlegen. Ernähren sich Mischköstler, Ovo-Lacto-Vegetarier und Veganer ausgewogen, kann mit allen drei Ernährungsformen der Nährstoffbedarf gedeckt werden – vorausgesetzt, die spezifischen Schwachstellen jeder Ernährung werden berücksichtigt (gegebenenfalls auch durch die Verwendung angereicherter Lebensmittel oder Nährstoffpräparate).
Quelle einblenden
- R. Schüpbach, R. Wegmüller, C. Berguerand, M. Bui, I. Herter-Aeberli (2015): Micronutrient status and intake in omnivores, vegetarians and vegans in Switzerland. European Journal of Nutrition, Online-Vorabveröffentlichung
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 17. Mai 2016 um 07:02
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