Vegane Ernährung und Knochengesundheit

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Dienstag, 8. Juni 2021

Menschen, die sich vegan ernähren, haben ein geringeres Risiko für ernährungsbedingte Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Krankheiten. Der strikte Verzicht auf tierische Produkte kann allerdings die Versorgung mit bestimmten Nährstoffen verschlechtern und – so ergab eine aktuelle Untersuchung – die Knochengesundheit beeinträchtigen.

In ihrer Studie gingen Wissenschaftler des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) der Frage nach, ob sich die Knochengesundheit von Veganern und Mischköstlern, die eine gemischte Kost mit Fleisch und anderen tierischen Produkten verzehren, unterscheidet.

Zu diesem Zweck wurde die Knochengesundheit am Fersenbein von jeweils 36 Veganern und Mischköstlern per Ultraschallmessung bestimmt. Das Studienprotokoll sah ferner die Analyse von Blut- und Urinproben, Bestimmung von Größe und Gewicht der Probanden sowie deren Befragung zu ihrem Lebensstil vor.

„Die vegane Ernährung gilt oftmals als gesundheitsbewusst. Unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass sich die vegane Ernährung auf die Knochengesundheit auswirkt“, hält BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel fest. Denn im Vergleich zu den Mischköstlern war es um die Knochengesundheit der Veganer schlechter bestellt. Im statistischen Modell konnten die Wissenschaftler zwölf Biomarker identifizieren, die für die Knochengesundheit von Bedeutung sind. Darunter befanden sich die Vitamine A und B6, die essentiellen Aminosäuren (Eiweißbausteine) Lysin und Leucin, Omega-3-Fettsäuren, Selenoprotein P, Jod, das Schilddrüsenhormon TSH, Kalzium und Magnesium, die allesamt positiv mit der Knochengesundheit assoziiert waren.

Auch wenn die Stichprobe dieser Studie eher klein ist, können die Ergebnisse als Hinweis gesehen werden, dass Veganer bestimmte Nährstoffe, die wichtig für die Gesundheit des Knochensystems sind und vor allem in tierischen Produkten vorkommen, in geringerer Menge aufnehmen als Mischköstler. Menschen, die sich vegan ernähren, sollten daher unter anderem auf eine ausreichende Versorgung mit dem Knochenbestandteil Kalzium achten. Gute pflanzliche Kalziumquellen sind dunkelgrüne Gemüsearten wie Grünkohl und Brokkoli, Nüsse wie Haselnüsse und Paranüsse sowie Tofu (wenn zur Herstellung das Gerinnungsmittel Kalziumsulfat verwendet wurde). Auch kalziumreiche Mineralwässer (über 150 Milligramm Kalzium pro Liter) sowie mit Kalzium angereicherte Lebensmittel können die Kalziumversorgung verbessern. Darüber hinaus empfiehlt es sich, regelmäßig den Versorgungszustand mit kritischen Nährstoffen wie langkettigen Omega-3-Fettsäuren, Eisen, Jod, Zink, Selen, Vitamin B12, Vitamin B2 und Vitamin D ärztlich überprüfen zu lassen. Dies gilt insbesondere bei erhöhten Nährstoffansprüchen, wobei die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine vegane Ernährungsweise für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche aufgrund des erhöhten Risikos für Nährstoffdefizite explizit nicht empfiehlt.

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verfasst von am 8. Juni 2021 um 09:11

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2 Kommentare zu “Vegane Ernährung und Knochengesundheit”

  1. Dr. oec. troph. Christina Bächle sagt:

    Sehr geehrter Herr Engel,
    ich bedanke mich für Ihre Einschätzung. Bei Studienergebnissen handelt es sich immer um einen Durchschnitt über Studienpopulationen und die Studienergebnisse dieser Studie sprechen dafür, dass Menschen, die sich Vegan ernähren, im Mittel eine schlechtere Knochengesundheit haben. Dies bedeutet allerdings nicht, dass alle Veganer gleichermaßen betroffen sind. Das Ziel dieses Beitrags bestand darin, auf die Problematik aufmerksam zu machen und vegane Möglichkeiten zur Verbesserung der Kalziumaufnahme aufzuzeigen.
    Ihren Schluss von der Kuh zum Menschen halte ich für gewagt, schließelich unterscheidet sich die Nahrungsgrundlage und das Verdauungssystem von der Kuh und dem Mensch doch ganz erheblich.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Christina Bächle

  2. Michael Engel sagt:

    Die Studie des BfR ist nicht auf die Allgemeinbevölkerung generalisierbar, wie die Autoren selbst dort einräumen (Probanden nur aus Berlin). Darüber hinaus ist die Stichprobe klein (36 Veganer, 36 Mischköstler). Geht man über den Abstract hinaus und liest die gesamte Studie, geht hervor, dass sowohl Veganer als auch Mischköstler mit guter Nährstoffversorgung keinen Unterschied im Risiko aufweisen. Die Veganer schnitten unterm Strich schlechter ab, weil im Verhältnis mehr Veganer als Mischköstler gut mit den entsprechenden Nährstoffen versorgt waren.
    Die Frage ist also nicht, ob eine bestimmte Ernährungsform per se zu schlechterer Knochengesundheit führt, sondern wie die Nährstoffversorgung bei einer bestimmten Ernährungsform aussieht. Vegan oder Mischkost heißt nicht automatisch gesund oder ungesund. Dass es auch auf vegane Art und Weise möglich ist, den entsprechenden Nährstoffbedarf zu decken, zeigt ja schon das ca. eine Drittel Veganer aus der Studie, die eben eine gute Nährstoffversorgung hatten. Auch im Pflanzenreich existieren calciumreiche Lebensmittel (woher bekommt die Kuh ihr Calcium, das dann in der Milch „landet“?!).

    Bei einer pauschalen Beurteilung einer Ernährungsform ist also immer die Qualität der Nährstoffbedarfsdeckung im Gesamtkontext zu berücksichtigen. Alles andere ist irreführend und aus wissenschaftlicher Sicht nicht aufrichtig. Grundsätzlich ist es mischköstlich, vegan oder auch vegetarisch möglich, eine gute Knochengesundheit zu haben – wenn die Ernährung gut zusammengestellt ist.

    Dies nur als Ergänzung, damit es wissenschaftlich sauber ist.

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