Macht Alkohol dick?
Autor/in: Sabrina Rauth,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 18. Mai 2011
Alkohol wird schon seit Urzeiten von Menschen getrunken. Besonders geschätzt wird das Getränk wegen seiner anregenden, psychoaktiven Wirkung, denn Alkohol stimuliert das Belohnungsempfinden. Ein übermäßiger Genuss kann jedoch bei längerer Dauer süchtig machen, Krebs, v. a. im Bereich des Verdauungstrakts, provozieren und die Leber schädigen. Vor diesem Hintergrund ist der regelmäßige Verzehr von Alkohol nicht empfehlenswert.
Alkohol und Energieaufnahme
Alkohol liefert reichlich Energie – immerhin 7 kcal/g, nur Fett liegt höher (9 kcal/g). Doch Alkohol sättigt nicht, ähnlich wie dies auch gesüßte Getränke nicht tun. Ganz im Gegenteil kann der Verzehr von Alkohol das Hungergefühl sogar noch stimulieren, wodurch Alkohol auch indirekt dazu führt, das mehr Kalorien zugeführt werden. Die Appetit-steigernde Wirkung tritt jedoch erst mit Beginn der Nahrungsaufnahme auf. Dabei verstärkt der Alkohol vermutlich die Wahrnehmung von Lebensmittel-Schlüsselreizen und fördert dadurch den Appetit.
Wie wirkt sich das Plus an Energie aus? Werden große Mengen Alkohol durch einen häufigen Verzehr, evtl. in Form von „Binge-drinking“(1) aufgenommen, so begünstigt dies Übergewicht (2). Gleichwohl scheint Alkohol auf lange Sicht keine erhöhte Nahrungsaufnahme auszulösen, da der Überkonsum wahrscheinlich durch nachfolgende, kleiner ausfallende Mahlzeiten ausgeglichen wird.
Die Aussage „Alkohol fördert Übergewicht“ ist zu pauschal
Hin und wieder mäßig Alkohol zu trinken scheint Übergewicht sogar vorzubeugen, was sich insbesondere bei Frauen nachweisen ließ. In diesem Punkt ist vermutlich die Wahl des Getränks ausschlaggebend: Männer trinken eher Bier als Frauen, die oft Wein bevorzugen (3). Bier enthält zusätzlich zu dem Alkohol viele Kohlenhydrate, wodurch das Getränk pro Alkoholeinheit mehr Energie liefert. Auch trinken Männern mehr und häufiger Alkohol als Frauen, was eine Gewichtszunahme begünstigt. Unklar bleibt allerdings, warum ein maßvoller Alkoholgenuss – trotz der zusätzlichen Energie – vorteilhaft für das Gewicht sein könnte. Eine Studie liefert dafür eine mögliche Erklärung: Menschen, die mäßig Alkohol trinken, sind sehr oft auch sportlich aktiv. Und Sport wiederum steigert den Energieverbrauch und fördert dadurch ein niedrigeres Gewicht. Demnach wäre keineswegs der Alkohol, sondern vielmehr das Bewegungsverhalten für das geringere Gewicht verantwortlich.
Hingegen setzen Menschen, die gar keinen Alkohol trinken, und solche, die viel davon trinken, eher Gewicht an. Letzteres scheint wegen der vielen zusätzlichen Kalorien nachvollziehbar, doch warum mündet auch ein völliger Alkohol-Verzicht oft in einer Gewichtszunahme? Alkohol-Enthaltsame nehmen anstelle des Alkohols oft hochkalorische Getränke zu sich, so die Vermutung.
Empfehlung
Um das Gewicht zu halten bzw. zu optimieren ist also kein kompletter Alkoholverzicht nötig. Ab und an mäßig Alkohol zu trinken kann auch vor gesundheitlichem Hintergrund vertretbar sein (4). Der Weltkrebsforschungs-Fundus empfiehlt Frauen nicht mehr als einen Drink à 10-15 g Alkohol und Männern nicht mehr als zwei Drinks (entsprechend 20-30 g Alkohol) zu trinken. Wegen extrem nachteiliger Konsequenzen (s. o.) sollte der Alkohol-Verzehr dennoch nicht zur Regel werden, sondern besonderen Gelegenheiten vorbehalten bleiben.
Getränk | 20 g Alkohol pro (l) |
---|---|
Bier | 0,5 |
Wein | 0,25 |
Weinbrand | 0,06 |
(1) Binge drinking: Verzehr übermäßig großer Alkoholmengen (Rausch-/Komatrinken). Wahrscheinlich führen weniger die im Zuge des Binge-drinking aufgenommenen Alkoholmengen zu Übergewicht, sondern vielmehr ein allgemein gestörtes Sucht-ähnliches Verhalten (Binge-drinking kombiniert mit Binge-eating und Impulsivität).
(2) Ausnahme: Alkoholiker. Hier stellt sich der Stoffwechsel, wegen des fortwährenden Alkohol-Konsums, auf Alkohol als Hauptenergiequelle um.
(3) In Deutschland ist bei den Frauen das Verhältnis Bierkonsum:Weinkonsum ca. 1:1 (Quelle: NVS II)
(4) Komplett auf Alkohol verzichten sollten: Kinder, Jugendliche, Suchtgefährdete, Schwangere und Stillende sowie Menschen, die Medikamente einnehmen.
Quellen einblenden
- Martin R. Yeomans: Alcohol, appetite and energy balance: Is alcohol intake a risk factor for obesity? Physiology & Behavior 100 (2010) 82–89
- Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik Urban und Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore, 1996
- DGE: DGE-Beratungs-Standards, Bonn, 2009
- Max-Rubner-Institut (2008): Nationale Verzehrsstudie II, Ergebnisbericht, Teil 2
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verfasst von Sabrina Rauth am 18. Mai 2011 um 09:30
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