Nahrungsmittelallergien - Ursachen

Obwohl nur 1-2 % der Bevölkerung unter Nahrungsmittelallergien leidet, werden sie doch zu einem zunehmenden Problem. Vor allem die Vielfalt an Nahrungsmitteln und hier wiederum die Fertignahrungsmittel gewinnen immer mehr an Bedeutung.

Ebenso werden vermehrt Früchte aus fremden Ländern angeboten, die uns vor ein paar Jahren noch unbekannt waren. Gleichzeitig werden aber viele Lebensmittel, hier insbesondere Obst und Gemüse, zur Verlängerung der Haltbarkeit, zum Schutz vor mikrobiellen Verderb und zur optischen Aufwertung chemisch behandelt.

Fertiggerichte werden von immer mehr Nahrungsmittelproduzenten angeboten und oft enthalten sie eine unüberschaubare Menge an Zutaten und Zusatzstoffen. Mit der Vielzahl der aufgenommenen Substanzen steigt aber auch das Risiko, eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder eine Allergie zu entwickeln.

Entstehung

Die Mechanismen für die Entstehung einer Nahrungsmittelallergie (Sensibilisierungsphase) sind weitgehend ungeklärt.

Auslösungsphase

In der Auslösungsphase kann es von Bedeutung sein, wenn sich mehrere Faktoren summieren, z.B. körperliche Anstrengung, Infektionen oder psychischer Stress im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme eines bestimmten Nahrungsmittels.

Resorption von Allergenen

Es ist ungeklärt, ob zur Auslösung einer Nahrungsmittelallergie die Resorption von Allergenen erforderlich ist. Bei allergenen Nahrungsbestandteilen handelt es sich fast ausschließlich um Proteine, die der normalen Proteinverdauung unterliegen, d.h. sie werden enzymatisch aufgespalten - zu den jeweiligen Aminosäuren. Der vollständige Abbau des Nahrungsproteins zu Aminosäuren würde den Körper vor dem Eindringen artfremden Proteins schützen. Bei einer intakten Verdauung werden maximal 91 % des Proteins in Form von Aminosäuren absorbiert. Beim Gesunden ist der verbleibende Anteil nicht weiter von Bedeutung, während jedoch beim Sensibilisierten (Allergiker) diese Menge ausreicht, um eine Reaktion hervorzurufen.

Säuglinge

Vom Säugling können Proteine nicht optimal verdaut werden, da die Aktivität der Verdauungsenzyme noch nicht voll entwickelt ist. Es gelangt mehr ungespaltenes Protein in den Dünndarm, wodurch ein höherer Proteinanteil absorbiert wird. Hinzu kommt noch, dass die Durchlässigkeit der Dünndarmschleimhaut für Makromoleküle (z.B. Proteine) größer ist als die des Erwachsenen. Die höhere Durchlässigkeit der Darmschleimhaut des Säuglings kann sich bei Säuglingsernährung auf Kuhmilchbasis nachteilig auswirken, denn auch unverdautes Protein der Kuhmilch wird absorbiert und kann zu einer Sensibilisierung führen. Die häufigste Allergie im Säuglingsalter ist deshalb die Kuhmilchallergie.

Erwachsene

Beim Erwachsenen kann es ebenfalls durch zahlreiche Umstände zu einer erhöhten Absorption von Fremdprotein kommen. So verringert eine verminderte Produktion von Salzsäure im Magen, wie es bei Allergikern beobachtet wird, die Aktivität von Pepsin (proteinspaltendes Enzym). Bei Bauchspeicheldrüsenerkrankungen kann die Synthese und Aktivität der Enzyme Trypsin, Chymotrypsin und der Carboxypeptidasen verringert sein. Als Folge ist die Konzentration von Nahrungsprotein an den Absorptionsorten (Dünndarm) erhöht; die Wahrscheinlichkeit, dass diese absorbiert werden, ist dadurch größer.

Verletzungen / Entzündungen

Bei Verletzungen und Entzündungen kann die Durchlässigkeit der Dünndarmschleimhaut gesteigert sein. Auch Alkohol, Koffein und einige Gewürze steigern die Permeabilität für Proteine. Die Zubereitungsart des Nahrungsmittels beeinflusst ebenfalls die Verfügbarkeit der Inhaltsstoffe, so liefern Eier in Mayonnaise mehr absorbierbares Protein als hartgekochte Eier.

Hastiges Essen

Überstürzt eingenommene Mahlzeiten können die Verdauung kurzfristig überfordern, so dass mehr ungespaltenes Protein in den Dünndarm gelangt als unter normalen Umständen. Auslösender Faktor kann auch ein einseitiger, übertriebener Verzehr von proteinreichen, allergenpotenten Nahrungsmitteln sein; Protein wird vermehrt absorbiert und könnte eine Antikörperproduktion einleiten.

Symptome

Symptome treten besonders im Bereich der Haut, Atemwege und des Magen-Darm-Traktes auf.

  • Nesselfieber, Ausschlag, Juckreiz oder Rötung
  • Augenrötung, Lidschwellung, Jucken, Lippenschwellung, Verdickung der Zunge, Gaumenschwellung bis zur Atemnot, Schnupfen
  • Magenbeschwerden, Erbrechen, Bauchschmerzen, Krämpfe, Blähungen, Durchfälle
  • Husten, Atemnot, Asthma

An den Lippen kann es beim Kontakt mit Allergenen zu akuten Entzündungen (Cheilitis), Mundwinkelrhagaden und Wassereinlagerungen (Ödeme) kommen. Zunge und Mundschleimhaut können urtikarielle Exantheme (Nesselsucht) aufweisen. Lebensbedrohlich sind Ödeme im hinteren Rachenraum und am Kehlkopf (Glottisödem).

Im Magen-Darm-Trakt kann sich eine Nahrungsmittelallergie mit Übelkeit, Erbrechen, Druck im Oberbauch, Durchfall, aber auch mit einer verzögerten Darmpassage durch Ödeme an der Dünndarmschleimhaut äußern. Diese Symptome können entweder akut oder chronisch auftreten; Entzündungen im Magen-Darm-Bereich (Gastritis und Colitis) zählen zu den chronischen Symptomen.

Nach der Absorption der Allergene reagiert die Immunabwehr mit typischen, allergischen Symptomen, welche häufig Haut und Schleimhaut betreffen. Akute Symptome der Haut sind Juckreiz, Nesselsucht (Urtikaria) und Quincke-Ödeme, die keinen Juckreiz auslösen. Diese können am ganzen Körper oder nur begrenzt auftreten. Schon vorhandene Hauterkrankungen verschlechtern sich und bei regelmäßigem Verzehr von allergenen Nahrungsmitteln treten auch chronische Hautleiden auf.

Asthma bronchiale und allergische Entzündungen der Nasenschleimhaut (Rhinitis) sind die häufigsten Erkrankungen der Atemwege, die beide auch chronisch auftreten. Allgemeines Unwohlsein, Migräne und Müdigkeit können auch auf eine Allergie hindeuten.

Anaphylaktischer Schock

Die gefährlichste Reaktion auf Allergene ist der anaphylaktische Schock. Unmittelbar nach Kontakt mit großen Mengen des Allergens kommt es zu einem rapiden Blutdruckabfall, da die Durchlässigkeit der peripheren Gewebe verändert ist. Die Herzfrequenz ist stark erhöht, der Patient ist blass und kann unter Umständen sein Bewusstsein verlieren. Ohne sofortige Behandlung führt der anaphylaktische Schock zum Tode; Nahrungsmittelallergien verlaufen jedoch sehr selten tödlich.

Stärke der allergischen Reaktion

Die Stärke der allergischen Reaktion ist abhängig von

  • dem Sensibilisierungsgrad des Allergikers
  • der allgemeinen und individuellen Potenz der Allergene
  • dem Aggregatzustand (fest, flüssig, roh, gekocht) des Allergens
  • der unspezifischen Hyperreaktivität einzelner Organe
  • möglichen Additionseffekten infolge von "Kreuzreaktivitäten" und Gruppensensibilisierungen
  • der individuellen Verfassung (physisch, psychisch, hormonell)
  • aktuellen Erkrankungen (Infekte, Magen-Darm-Erkrankungen etc.)
  • saisonalen Einflüssen (v.a. bei Pollenallergikern)

Quelle: Dosis-Wirkungsbeziehung bei Nahrungsmittelallergien (Kluthe R.,1996)

Diese und andere Faktoren bewirken immer ein Erscheinungsbild, das stark variieren kann, wobei auch noch unspezifische Faktoren wie Gewürze, Alkohol oder Kaffee durch ihre resorptionsbeschleunigende Wirkung, einen nicht unbedeutenden Einfluss haben können.