Neuartige Lebensmittel - Allgemeine Informationen
Verbraucher werden zunehmend mit neuen, international gebräuchlichen Begriffen wie Novel Food, Functional Food, Designer Food etc. konfrontiert. Hinter diesen Begriffen verbergen sich u. a. Lebensmittel, die aufgrund bestimmter gesundheitsfördernder Effekte ausgelobt und besonders empfohlen werden.
Einzelne Lebensmittel spielen jedoch nur im Kontext der gesamten Ernährung eine Rolle. Sie können eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung nicht ersetzen und sind, wenn eine solche praktiziert wird, in der Regel überflüssig. Zudem wirkt ein Inhaltsstoff in Lebensmitteln im Verbund mit anderen Inhaltsstoffen (synergistisch bzw. antagonistisch, additiv ...). Daher wird er isoliert nie die gleiche Wirkung entfalten können, die er als Bestandteil eines Lebensmittels hat.
Designer Food
Dabei handelt es sich um eine 1989 geprägte Bezeichnung für Lebensmittel, die auf bestimmte Bedürfnisse abgestimmt sind, so z. B. Elektrolytgetränke für Sportler.
Als Synonym wird auch der gängigere Begriff "Functional Food" verwendet.
Functional Food
Der Begriff "Functional Food" wurde in Japan geprägt. Japan ist bisher das einzige Land, das funktionelle Lebensmittel als eigene Lebensmittel-Kategorie anerkannt hat. Funktionelle Lebensmittel sind im japanischen Lebensmittelrecht gesetzlich verankert als FOSHU "Foods for specified health use" (in etwa: Lebensmittel mit ausgewiesenem Gesundheitsnutzen). Der Markt für diese Lebensmittel ist in Japan im globalen Vergleich am weitesten entwickelt.
Die europäische Definition für Functional Food lautet:
"Ein Lebensmittel kann als funktionell bezeichnet werden, wenn
zufriedenstellend belegt ist, dass es auf eine positive Weise eine oder mehrere
Zielfunktionen im Organismus beeinflusst, die über vergleichbare
Ernährungseffekte hinausgehen. Ein solcher Einfluss kann entweder eine
Verbesserung des Gesundheitszustandes oder des Wohlbefindens und/oder eine
Reduktion eines Krankheitsrisikos sein."
European Commission
Concerted Action on Functional Food Science
Die amerikanische Definition ist etwas kürzer gefasst:
"Funktionelle Lebensmittel sind jede Art von Lebensmitteln, die einen
Gesundheitsvorteil gegenüber traditionellen Lebensmitteln aufweisen."
International Food Information Council.
Durch den Einsatz von Functional Food erhofft man sich z. B.:
- eine Mangelernährung abzuwenden
Beispiel: "golden rice" - gentechnisch veränderter Reis, der β-Carotin enthält und dadurch einen Beitrag zur Vitamin A-Versorgung leisten kann
- Erkrankungen, die durch den Lebensstil mitbedingt werden, entgegen
zu wirken
Beispiel: mit Ballaststoffen angereicherte Lebensmittel
- Menschen, die an einer Erkrankung leiden, welche ihnen den Verzehr
bestimmter Lebensmittel eingeschränkt oder gar nicht ermöglicht, geringeren
Einschränkungen auszusetzen
Beispiele: Laktose-freie Milch für Laktose-Intolerante, Gluten-freie Backwaren für Zöliakie-Patienten
- eine Unterstützung bei bestehenden Erkrankungen durch spezifische
Inhaltsstoffe
Beispiel: Milcherzeugnisse mit Probiotika zum Einsatz bei Durchfallerkrankungen
Um diese Ziele zu erreichen, werden in Lebensmitteln unerwünschte bioaktive Komponenten entfernt, erwünschte hingegen neu zugesetzt oder deren Anteil erhöht.
Beispiele für Functional Food sind:
- Probiotika, die in Form von Milchprodukten angeboten werden
- bestimmte Ballaststoffe
- Lebensmittel mit einem höheren Gehalt an Antioxidantien (A-C-E-Getränke) oder Omega-3-Fettsäuren
- Nahrungsmittel mit zusätzlichen sekundären Pflanzenstoffen
Für die Bezeichnung "Functional Food" existiert in Deutschland, der EU und in den USA im Gegensatz zu Japan momentan noch keine rechtliche Grundlage. Das ist auch der Grund, weshalb noch keine genaue Unterscheidung zwischen funktionellen und traditionellen Lebensmitteln gemacht werden kann und die Definition je nach Herkunftsland variiert.
Pro-, Prä- und Synbiotika
Mittlerweile gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Lebensmitteln, die unter dem Begriff "Functional Food" angeboten werden. Dazu gehören beispielsweise Pro-, Prä- und Synbiotika, die im Folgenden näher erläutert werden.
Probiotika
Besonders beliebt sind probiotische Lebensmittel (probiotisch = für das Leben). Sie enthalten lebende, gesundheitsfördernde Mikroorganismen, die das mikrobielle Gleichgewicht im Darm positiv beeinflussen können und sollen somit das Risiko für Infektionskrankheiten senken. Daneben wird ihnen auch eine cholesterinsenkende und krebsschützende Wirkung zugeschrieben.
Vollständig bewiesen sind diese Wirkungen allerdings noch nicht; es gibt jedoch einige Hinweise, die für die positiven Eigenschaften von fermentierten Milchprodukten sprechen. Als bewiesen gilt der günstige Einfluss von Probiotika auf Durchfallerkrankungen durch Rotavirus-Infektionen sowie auf Durchfälle, die auf Antibiotika-Therapien zurückzuführen sind.
Zu den eingesetzten Bakterienkulturen in probiotischen Produkten wie z. B. Joghurt gehören Milchsäurebakterien (z. B. Lactobacillus casei) und Bifidobakterien. Durch ihre erhöhte Widerstandskraft gegenüber Säuren, Enzymen und Gallensalzen können sie die Magenpassage überstehen und sich dann im Dickdarm ansiedeln.
Damit sie dort ihre günstige Wirkung entfalten können, muss allerdings ein täglicher, dauerhafter und ausreichender Verzehr erfolgen. Nach Absetzen der Probiotika ähnelt die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm nach einiger Zeit wieder dem Ausgangszustand.
Präbiotika
Als Präbiotka werden nichtverdauliche Lebensmittelbestandteile, wie z. B. Oligofructose, bezeichnet, die das Wachstum probiotischer Bakterien und damit deren Aktivität im Darm fördern und dadurch die Gesundheit des Menschen verbessern können.
Synbiotika
Lebensmittel, die eine Kombination aus pro- und präbiotischen Bestandteilen enthalten, werden auch als Synbiotika bezeichnet.
Nutraceuticals
Zur Bezeichnung der wertgebenden Inhaltsstoffe, die in Functional Food vorkommen und pharmakologisch wirksam sind, wird der Begriff Nutraceuticals (nutrient - pharmaceuticals) verwendet.
Dabei handelt es sich um Nahrungsmittelbestandteile, die von medizinischem und gesundheitlichem Nutzen sind, d. h. deren prophylaktische bzw. therapeutische Verwendung sinnvoll sein kann.
Als Beispiel können z. B. Antioxidantien, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe genannt werden, denen u. a. Wirkungen wie die Regulierung des Cholesterin- und Blutzuckerspiegels, eine Senkung des Krebsrisikos etc. zugesprochen werden.
Health-Claims-Verordnung
Die Health-Claims-Verordnung wurde u. a. erlassen, um den Verbraucher vor lückenhaft belegter gesundheitsbezogener Werbung zu schützen. Die Verordnung beinhaltet "spezielle Vorschriften für die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln".
Besonders auf die Nachweisbarkeit der beworbenen Wirkung wird Wert gelegt, aber auch darauf, dass die entsprechenden Inhaltsstoffe in ausreichender Menge enthalten sind bzw. reduziert wurden und dass diese in der dargereichten Form verwertet werden können. (Weitere Forderungen die in diesem Rahmen gestellt werden, finden sich in der Verordnung).
Eine Bewertung dazu, ob stichhaltige Nachweise zu der Wirkung des Produkts vorliegen, wird von der EFSA, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, erbracht. Die Europäische Kommission veröffentlicht diese Ergebnisse online in Form eines Registers für zugelassene und abgewiesene Produkt-assoziierte claims.
Mögliche Inhalte von health claims sind z. B.:
- Reduktion eines Risikofaktors, der zur Entwicklung einer Erkrankung beiträgt
- Beitrag zur Entwicklung und Gesundheit von Kindern
Novel Food
Unter Novel Food versteht man "Lebensmittel bzw. Lebensmittelbestandteile, die bisher vom Mensch in nicht nennenswertem Umfang konsumiert wurden."
Dazu zählen Produkte mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen bzw. mit Bestandteilen, die eine veränderte Molekülstruktur aufzeigen und Lebensmittel, die mit bislang unüblichen Produktionsverfahren hergestellt wurden.
Im Gegensatz zu Functional Food besteht für diese Lebensmittel eine rechtliche Grundlage innerhalb der EU, die auf der Novel-Food-Verordnung (EU-Verordnung über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten) basiert.