Adipositasentstehung: Fleisch vergleichbar mit Zucker

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Dienstag, 13. September 2016

Bei der Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) ist die Bedeutung von Fleisch bislang unterschätzt worden. Wissenschaftler der Universität von Adelaide stellten fest, dass die Verfügbarkeit von Fleisch ebenso stark mit der Entstehung von Adipositas assoziiert ist wie jene von Zucker.

Für die Studie werteten die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit verschiedener Lebensmittel pro Einwohner und der Adipositasrate (Prävalenz, Bezugsjahr: 2010) für insgesamt 170 Länder aus. Die Daten zur Lebensmittelverfügbarkeit stammen aus der FAO-Statistik aus den Jahren 2007 bis 2009. Ihr Vorteil besteht darin, dass die Daten für viele Länder verfügbar sind, in ähnlicher Weise erhoben wurden und einfach erhältlich sind. Allerdings lässt sich daraus nur die theoretische Verfügbarkeit von Lebensmitteln ableiten und keine Aussage darüber machen, ob und in welcher Menge die entsprechenden Lebensmittel tatsächlich von jedem Einwohner gegessen wurden. Die im Folgenden beschriebenen Ergebnisse sollten daher nur als Ausgangspunkt für weitere Studien mit realen Verzehrsdaten verstanden werden.

Stellvertretend für die Autoren berichtet Prof. Dr. Maciej Henneberg, Leiter der Forschungseinheit Biologische Anthropologie und Vergleichende Anatomie: „Unsere Ergebnisse sind wahrscheinlich umstritten, weil sie nahelegen, dass Fleisch im selben Umfang wie Zucker zur weltweiten Adipositasprävalenz beiträgt. … Nach Korrektur für Unterschiede im nationalen Bruttoinlandsprodukt, Kalorienverbrauch, Urbanisierungsgrad und körperlicher Inaktivität, die alle einen wichtigen Beitrag zur Entstehung von Adipositas leisten, blieb die Zuckerverfügbarkeit als wichtiger unabhängiger Faktor mit einem Beitrag von 13 Prozent bestehen und auch Fleisch trug mit 13 Prozent zur Adipositasentstehung bei.“

Der Doktorand Wenpeng You, der die Ergebnisse dieser Studie kürzlich auf der 18. Internationalen Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften-Konferenz in Zürich vorgestellt hat, erläutert, dass von dem Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Adipositas bereits in anderen Fachartikeln berichtet wurde. Bislang sei man aber davon ausgegangen, dass  die Assoziation zwischen dem Fleischverzehr und der Entstehung von Adipositas auf den Fettgehalt des Fleisches zurückzuführen ist. You und seine Kollegen gehen dagegen davon aus, dass das Fleischeiweiß direkt zur Adipositaserkrankung beiträgt. „Es ist ein Dogma“, meint You, „dass Fette und Kohlenhydrate, vor allem aber die Fette, die wichtigsten Faktoren sind, die zur Adipositas beitragen. Ob es uns gefällt oder nicht, Fette und Kohlenhydrate liefern in der modernen Ernährung genug Energie, um unseren Tagesbedarf zu decken. Weil Fleischprotein später als Fette und Kohlenhydrate verdaut wird, stellt die Energie, die wir aus Fleischprotein erhalten, einen Energieüberschuss dar, der dann umgewandelt und in Form von Fett im menschlichen Körper gespeichert wird.“

„Es wäre unverantwortlich, diese Ergebnisse dahingehend zu interpretieren, dass es okay ist, sich fett- und kohlenhydratreich zu ernähren. Das ist eindeutig nicht okay, und das ist ein ernstes Problem für unsere moderne Ernährung und die menschliche Gesundheit“, ergänzt Professor Dr. Henneberg. „Dennoch ist es wichtig, dass wir zeigen, wie Fleischeiweiß zur Fettleibigkeit beiträgt, damit wir besser verstehen können, was geschieht. In unserer modernen Welt mag es sinnvoll sein, dass Ernährungsrichtlinien ebenso empfehlen, weniger Fleisch wie weniger Zucker zu essen, um der Adipositasentstehung Einhalt zu gebieten.“

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verfasst von am 13. September 2016 um 08:11

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