Wie Körpergröße und Body Mass Index das Gehalt beeinflussen

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Mittwoch, 30. März 2016

Bei Gehaltsverhandlungen sind wohl nicht nur die eigenen Qualifikationen von Bedeutung, sondern auch das Geschlecht, die Körpergröße und die Figur. Dafür sprechen jedenfalls die Ergebnisse einer groß angelegten britischen Studie. Demnach verdienen insbesondere größere Männer und schlankere Frauen mehr.

Für die Studie wurden Daten zu genetischen Informationen, Körpergröße und Gewicht sowie zum sozioökonomischen Status (berücksichtigt wurden Bildung, Beruf, Haushaltseinkommen und Deprivation) aus dem Vereinigten Königreich ausgewertet. Zum Studienzeitpunkt waren die teilnehmenden 119.669 Männer und Frauen zwischen 37 und 73 Jahre alt (Durchschnittsalter 56,9 Jahre).

Die Ergebnisse zeigten deutlich: Sowohl die Körpergröße als auch der Body-Mass-Index (Körpermassenindex, BMI) waren mit dem sozioökonomischen Status der Probanden assoziiert. Probanden, die eine Standardabweichung (entspricht 6,3 Zentimeter) größer waren als ihre genetische Information erwarten ließ, waren häufiger besser gebildet und hatten ein um 1.130 Pfund höheres jährliches Haushaltseinkommen. Dieser Zusammenhang war bei Männern mit einem um 1.580 Pfund höheren Haushaltseinkommen etwa doppelt so stark ausgeprägt wie bei Frauen. Im Unterschied zu vielen früheren Untersuchungen konnten die Wissenschaftler außerdem die Kausalität, sprich: die Richtung des Zusammenhangs, bestätigen. Demnach beeinflusste in dieser Studie tatsächlich die Körpergröße das Haushaltseinkommen und nicht umgekehrt (Körpergröße als Folge des Einkommens).

In weiteren Analysen wurde der Zusammenhang zwischen dem Body Mass Index und dem sozioökonomischen Status der Probanden untersucht. Hier bestand lediglich bei Frauen ein signifikanter kausaler Zusammenhang zwischen dem BMI und dem Haushaltseinkommen sowie ihrer Deprivation: Schlankere Probandinnen mit einem um eine Standardabweichung geringeren BMI (entspricht 4,6 BMI-Einheiten) als ihre genetische Information erwarten ließ, hatten ein um 2.940 Pfund höheres jährlichen Haushaltseinkommen und waren seltener sozial ausgegrenzt (depriviert). Der Zusammenhang zwischen BMI und Haushaltseinkommen blieb bestehen, wenn berücksichtigt wurde, ob die Frauen arbeiteten, verheiratet waren oder mit einem Partner zusammen lebten.

Zu den Schwächen der Studie zählt das Altersspektrum der Probanden, die durch die Selektion der Probanden bedingte mangelnde Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse (freiwillige Teilnahme, daher vergleichsweise hohes Bildungsniveau) sowie der nicht auszuschließende Generationeneffekt bedingt durch die Berücksichtigung genetischer Informationen. Dennoch unterstreicht Studienleiter Professor Tim Frayling von der Medical School der Universität von Exter: „Dies ist der beste verfügbare Beleg dafür, dass Ihre Größe oder das Gewicht direkt im Laufe Ihres Lebens Ihre Einnahmen und andere sozioökonomische Faktoren beeinflussen können. Obwohl wir wussten, dass ein starker Zusammenhang bestand, gehen die meisten Leute davon aus, dass eine geringere Körpergröße und ein höherer BMI eine Folge von schlechter Ernährung und Lebenschancen sind. Jetzt haben wir gezeigt, dass es auch einen Effekt in der anderen Richtung gibt: Eine geringere Körpergröße und ein höherer BMI können tatsächlich zu einem niedrigeren Einkommen und anderen Lebensstilindikatoren führen. Dies wird nicht in jedem Fall zutreffen (viele kleine Männer und übergewichtige Frauen sind sehr erfolgreich), aber die Wissenschaft muss nun fragen, warum wir dieses Muster sehen. Ist dies auf Faktoren wie geringes Selbstwertgefühl oder Depression zurückzuführen oder hat es mehr mit Diskriminierung zu tun? Sind die Arbeitgeber in einer vom Körperbild besessenen Welt voreingenommen? – Das wäre schlecht, sowohl für die beteiligten Personen als auch für die Gesellschaft.

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verfasst von am 30. März 2016 um 11:26

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