Wundermittel im Kampf gegen überflüssige Pfunde?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 11. Mai 2011

Der Weg zur eigenen Wunschfigur ist mühsam. Hilfe beim Abnehmen versprechen diverse Pulver und Kapseln aus dem Handel. Doch was ist dran an den Werbeversprechen?
Auch harmlosere Schlankheitsmittel wie Trinkmahlzeiten, Sattmacherprodukte, Kohlenhydrat- und Fettbremsen sowie den Stoffwechsel anregende Produkte oder Abführ- bzw. Entwässerungsmittel können es in sich haben. Sie zählen hauptsächlich zur Gruppe der Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte. Im Unterschied zu Arzneimitteln müssen Medizinprodukte lediglich vor dem Inverkehrbringen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angemeldet werden, eine klinische Prüfung ist nicht erforderlich. Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln muss die Wirksamkeit und Sicherheit in der Regel nicht nachgewiesen werden.
Mit Trinkmahlzeiten abnehmen
Viele Wege führen nach Rom. Und so ist der Ansatz, der dem Verbraucher den teilweise teuer erkauften Gewichtsverlust bescheren soll, durchaus verschieden. Bei Trinkmahlzeiten ersetzen fertig abgepackte oder selbst angerührte Diätdrinks feste Mahlzeiten. Damit soll der Einstieg ins Abnehmen erleichtert werden. Bei länger dauernden Abnehmkuren sind sie jedoch sehr monoton, außerdem bleibt der Lerneffekt im Hinblick auf eine gesündere Ernährung aus. Wird nach der Diät genauso weitergegessen wie zuvor, so sind evtl. abgenommene Pfunde schnell wieder auf den Rippen, der gefürchtete Jojoeffekt tritt auf.
Aus der Natur abgeschaut
Sogenannte Sattmacher enthalten Quellstoffe, die ihr Volumen ähnlich wie Ballaststoffe im Magen vergrößern und damit das Sättigungsgefühl verstärken sollen. Im Angebot sind Produkte mit Fruchtfasern, Kollagen sowie chemisch veränderte Zellulose und Algen. In einem Test der Zeitschrift Ökotest wurde die propagierte Wirkungsweise der Produkte zwar theoretisch für möglich gehalten, es liegen jedoch kaum Studien vor, die beweisen, dass die Probanden durch die Einnahme entsprechender Mittel in der Praxis tatsächlich weniger aßen. Auch die langfristigen Erfolgsaussichten bei der Einnahme solcher Präparate sind unklar. Sicherlich ist eine Umstellung der Ernährung mit reichlichem Verzehr natürlicher Ballaststoffe erfolgversprechender.
Eine verbesserte Sättigung versprechen auch Produkte, die körpereigene Botenstoffe enthalten. Normalerweise werden diese Botenstoffe im Körper nach einer Mahlzeit freigesetzt und signalisieren dann dem Gehirn, dass Energie aufgenommen wurde. Das eigentliche Gefühl der Sättigung entsteht erst im Gehirn. Bislang konnte indes nicht ausreichend belegt werden, dass derartige Kapseln tatsächlich wirken.
Nährstoffbremsen

Auf dem Markt sind außerdem pflanzliche Produkte, die die Absorption von Nährstoffen (Fett, Kohlenhydrate) hemmen sollen. Kohlenhydrate sollen so nicht mehr zu Körperfett umgewandelt werden. Auf diese Weise könnten Pasta, Reis, Brot und andere stärkereiche Produkte in beliebigen Mengen verzehrt werden, ohne in die Kalorienbilanz einbezogen werden zu müssen. Die tatsächliche Wirkung solcher Mittel wurde noch nicht ausreichend belegt, Experten haben starke Zweifel.
Andere Präparate sollen Fette bereits im Verdauungstrakt binden und ungenutzt wieder aus dem Körper ausschleusen. Laut Ökotest-Berater Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz entbehrt deren Wirkungsprinzip jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, die Cochrane Collaboration (1) bezweifelt die klinische Relevanz der Produkte. Durch den Zusatz von Stoffen aus dem Panzer von Schalen- und Krustentieren können Fetthemmer zudem für Allergiker problematisch werden.
Stoffwechsel in Aktion
Das Ziel von Stoffwechsel anregenden Mitteln ist die Steigerung des Energieumsatzes des Körpers. Wenn mehr Energie verbraucht wird, als mit der Nahrung aufgenommen wurde, resultiert daraus eine Gewichtsabnahme. Um tatsächlich abzunehmen, sind allerdings gesundheitlich bedenkliche Dosierungen erforderlich. Die auf diese Weise möglicherweise künstlich erzeugte Funktionssteigerung von Schilddrüse oder adrenergem Nervensystem kann mit Zittern, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen und sogar Herzrhythmusstörungen einhergehen.

Abführ- und Entwässerungsmittel
Zu den Klassikern der Schlankheitsmittel zählen leider immer noch Abführ- und Entwässerungsmittel. Dabei sind diese Mittel bezüglich der Reduktion der Fettmasse nicht nur wirkungslos, sondern auch gefährlich. Bei regelmäßiger Einnahme besteht ein erhöhtes Risiko für einen Kalium– oder Magnesiummangel. Dieser kann nicht nur zu Verstopfung, sondern auch zu ernsthaften Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen und Herzmuskelschwäche führen. Hinzu kommt, dass der durch Abführ- und Entwässerungsmittel herbeigeführte Gewichtsverlust lediglich auf der Ausscheidung von Wasser beruht, das Körperfett bleibt unangetastet.
Wer ohne Risiken dauerhaft abnehmen will, dem bleibt in erster Linie eine Umstellung des Lebensstils: weitgehender Verzicht auf fett- und energiereiche Lebensmittel, Bevorzugung energiearmer, ballaststoffreicher Produkte wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukte bei gleichzeitiger regelmäßiger, körperlicher Betätigung – dies ist das Rezept, mit dem man nicht nur sich und seiner Gesundheit viel Gutes tun kann, sondern gleichzeitig auch noch den Geldbeutel schont.
(1) internationaler Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Ärzten mit dem Ziel, medizinische Therapien zu bewerten
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Zum Weiterlesen
- Ärzteblatt.de (13.2.2012): Studie: 1.300 Todesfälle durch Benfluorex in Frankreich
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 11. Mai 2011 um 10:47
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