Abnehmen für Geld
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 28. November 2012
Kilos gegen Bares… nein, das ist kein Scherz! Finanzielle Anreize helfen übergewichtigen Menschen offenbar, am Ball zu bleiben und notwendige Veränderungen ihres Lebensstils durchzuhalten. Mit einer Prämie von 150 oder 300 Euro nahmen adipöse Probanden in einer Studie doppelt so viel ab wie die Kontrollgruppe.
700 Männer und Frauen im Alter von 18-75 Jahren nahmen an der Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) teil. Sie sollten innerhalb der nächsten vier Monate sechs bis acht Prozent ihres ursprünglichen Körpergewichts abnehmen. Das individuelle Zielgewicht wurde dabei von einem Arzt ermittelt und empfohlen. Die Probanden wurden auf drei Gruppen verteilt: Probanden der Kontrollgruppe erhielten für das Erreichen ihres jeweiligen Zielgewichts keine Belohnung, Mitgliedern der anderen beiden „Prämiengruppen“ wurde eine Belohnung von 150 bzw. 300 Euro versprochen, wenn sie ihr Zielgewicht bis zum Studienende erreichten. Zur Steigerung der Motivation erfolgte die Auszahlung der Prämien gestaffelt: Ab einer Gewichtsabnahme von der Hälfte des Reduktionsziels erhielten die Probanden erstmals Geld. Der Betrag stieg dann prozentual bis zum Erreichen des Zielgewichts an.
Zu Beginn und Ende der Studie wurden Körpergewicht, Blutzucker– und Cholesterinspiegel der Probanden gemessen. Außerdem machten alle Teilnehmer Angaben zu ihrem sozioökonomischen Hintergrund, ihrem Gesundheitszustand und ihrem Vorsorgeverhalten.
Das Ergebnis der Studie war verblüffend: Mit der Aussicht auf 150 bzw. 300 Euro Belohnung nahmen die Probanden der Prämiengruppen mehr als doppelt so viel ab als die der Kontrollgruppe. Während in der Kontrollgruppe im Mittel 2,3 Prozent des Ausgangsgewichts abgenommen wurden, waren es in den Prämiengruppen über fünf Prozent. Eine Gewichtsabnahme in dieser Größenordnung ist bei adipösen Menschen besonders begrüßenswert, da ab einem Schwellenwert von fünf Prozent deutliche Verbesserungen des Gesundheitszustandes zu erwarten sind.
Wie erreichten die „Prämienprobanden“ diese hohe Gewichtsabnahme? Die Auswertung der Befragung zeigte, dass die Probanden mit Aussicht auf eine Geldprämie eher bereit waren, ihren Lebensstil und ihre Ernährungsgewohnheiten zu verändern. Zum Beispiel bevorzugten Prämienprobanden Treppen statt Aufzüge und verzichteten auf Snacks zwischen den Mahlzeiten. Die Höhe der Prämie spielte übrigens nur bei Frauen eine Rolle. Für mehr Geld waren sie dazu bereit, sich bewusster zu ernähren und intensiver zu trainieren. Und die Frauen hatten Erfolg: Die Gewichtsabnahme in der höheren Prämiengruppe war 1,4 Prozent höher als bei Frauen der 150-Euro-Prämiengruppe. Warum zeigte sich dieser Unterschied nur bei den Frauen? Die Wissenschaftler nehmen an, dass die Höhe der Prämie für Frauen wichtiger war als für Männer, da ein Großteil der Teilnehmerinnen nicht erwerbstätig war.
In weiteren Studien soll untersucht werden, ob die durch Prämien erzielte Gewichtsabnahme von Dauer ist und ob durch gezielte Anreize der gefürchtete „Jojo-Effekt“ verhindert werden kann.
Quelle:
B. Augurzky, T. K. Bauer, A. R. Reichert, C. M. Schmidt, H. Tauchmann (2012): Does money burn fat? – Evidence from a randomized experiment. Ruhr Economic Papers #368
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 28. November 2012 um 06:46
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