Diskriminierung wegen Adipositas: Vor allem Frauen sind betroffen

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Mittwoch, 30. September 2015

Mit zunehmendem Übergewicht steigt auch das Ausmaß an Diskriminierung am Wohnungs- und Arbeitsmarkt. Dass dieser Zusammenhang, der ursprünglich in den USA und Großbritannien beobachtet wurde, leider auch für Deutschland gilt, zeigt eine aktuelle Studie des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrums (IFB) AdipositasErkrankungen an der Universität Leipzig.

Bei drei telefonischen Befragungen wurden insgesamt 3.003 Personen gefragt, ob sie schon einmal aufgrund ihres Körpergewichts diskriminiert worden seien. Die Antwort auf diese Frage wurde anschließend mit dem Body Mass Index (BMI, Körpermasseindex) der Probanden in Beziehung gesetzt, sodass Unterschiede in Abhängigkeit vom Gewichtsstatus der Probanden erkennbar waren.

Insgesamt 7,3 Prozent aller Probanden, also etwa jeder Vierzehnte, gaben an, schon einmal aufgrund ihres Gewichts diskriminiert worden zu sein. Allerdings variierte dieser Anteil stark mit dem Gewichtsstatus der Probanden. Etwa jede zwanzigste Person mit Normalgewicht (BMI zwischen 18,5 und unter 25 kg/m2) oder Übergewicht (BMI 25 bis 30 kg/m2), genauer 5,6 Prozent, war schon einmal wegen ihres Gewichts diskriminiert worden. Zählten die Probanden zur Gruppe mit leichter Adipositas (Grad I, d. h. BMI zwischen 30 und unter 35 kg/m2) verdoppelte sich der Anteil der von Diskriminierung Betroffenen (10,2%). Mit zunehmender Adipositas stieg auch die Diskriminierung weiter an: Bei einer Adipositas vom Grad II (d. h. BMI zwischen 35 und unter 40 kg/m2) war bereits beinahe einer von fünf Befragten (18,7 Prozent) schon einmal diskriminiert worden, bei einer Adipositas vom schwersten Ausmaß (d. h. BMI von mindestens 40 kg/m2) sogar zwei von fünf Befragten (38,0 Prozent). Aber nicht nur die Personen mit starkem Übergewicht berichteten von Diskriminierungen, sondern auch jene mit Untergewicht (BMI unter 18,5 kg/m2). Hier hatte ebenfalls jeder Fünfte (19,7 Prozent) schon Benachteiligungen aufgrund seines Gewichts erfahren.

Wenig überraschend dürfte die Tatsache sein, dass Frauen deutlich häufiger von gewichtsbedingten Diskriminierungen betroffen waren als Männer. Dies betraf insbesondere Frauen mit höherem Gewicht. Jede fünfte dieser Frauen (20,6 Prozent) hat bereits selbst gewichtsbedingte Diskriminierungen erfahren, bei den Männern der entsprechenden Gruppe war der Anteil dreimal geringer (7,6 Prozent).

Diese Zahlen verdeutlichen einmal mehr, wie wichtig die Prävention und Behandlung von Übergewicht und insbesondere Adipositas ist. Nach Ansicht der Wissenschaftler, die diese Studie durchgeführt haben, besteht neben dem gesundheitlichen auch rechtlicher Handlungsbedarf. Sie fordern gesetzliche Maßnahmen gegen die Diskriminierung von Menschen mit Adipositas. Doch dafür müsste die Adipositas in Deutschland zunächst einmal als ernstzunehmende Erkrankung eingestuft werden. Während dies in den USA seit 2013 der Fall ist, sieht die Bundesärztekammer die Adipositas lediglich als „Risikofaktor für weitere Erkrankungen“.

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verfasst von am 30. September 2015 um 06:38

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Ein Kommentar zu “Diskriminierung wegen Adipositas: Vor allem Frauen sind betroffen”

  1. F. Leidner sagt:

    Mich wundert es, dass Adipositas in Deutschland nicht als ernstzunehmende Krankheit gilt. Ich hoffe nicht, dass erst die Bedinungen geschaffen werden müssen wie in den USA bis auch Deutschland sagt, dass es ernst zu nehmen ist.

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