Referenzwerte für die Vitamin D-Zufuhr erhöht
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 25. Januar 2012
Vitamin D ist unter den Vitaminen einzigartig: Es ist das einzige Vitamin, das vom Menschen nicht nur über die Nahrung aufgenommen, sondern auch bei ausreichender Sonneneinstrahlung im Körper selbst synthetisiert werden kann. Bekannt ist Vitamin D in erster Linie für seine Funktion im Knochenstoffwechsel. Das Vitamin ist aber auch an vielen anderen Stoffwechselvorgängen beispielsweise der Infektabwehr und dem Muskelstoffwechsel beteiligt. Neuere Studien weisen außerdem darauf hin, dass Vitamin D vor Krebserkrankungen im Magen-Darm-Trakt, Diabetes mellitus Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen kann.
Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Studienergebnisse zur Wirkung von Vitamin D geprüft und zusammenfassend bewertet. Die Beweislage (Evidenz) für verschiedene Wirkungen variierte stark. Laut DGE ist eindeutig belegbar, dass eine gute Vitamin D-Versorgung ältere Menschen vor Stürzen, Knochenbrüchen, Kraftverlust sowie Mobilitäts- und Gleichgewichtseinbußen schützt. Für einen Zusammenhang zwischen der Vitamin D-Aufnahme und der Prävention von Krebserkrankungen oder Diabetes mellitus fehlen der DGE bislang allerdings handfeste Beweise.
![Gegrillter Fisch mit Gemüse](https://www.ernaehrung.de/blog/wp-content/debinetUploads/2012/01/Gegrillter-Fisch-mit-Gemüse-ralph-and-jenny-300x198.jpg)
Fetter Fisch enthält reichlich Vitamin D.
Im Zuge ihrer Bewertung überprüfte die DGE die bisherigen Referenzwerte für die Vitamin D-Aufnahme der Bevölkerung. Es wurde berechnet, wie viel Vitamin D ausschließlich über die Nahrung aufgenommen werden muss, um im Blut eine wünschenswerte Konzentration in Höhe von 50 nmol/l 25-Hydroxyvitamin D zu erreichen. Hierbei zeigte sich, dass zur Erreichung dieses Zielwerts deutlich höhere Mengen als bisher empfohlen aufgenommen werden müssen. Als Folge wurden die bisherigen Empfehlungen deutlich erhöht: Kindern und Erwachsenen bis zum Alter von 65 Jahren werden nun 20 µg Vitamin D pro Tag empfohlen – viermal mehr als zuvor. Bei Senioren stieg die empfohlene tägliche Menge von 10 auf 20 µg.
Alter | Vitamin D bei fehlender Eigensynthese (Angaben in µg/Tag, 1 µg = 40 Internationale Einheiten (IE)) |
---|---|
Säuglinge (0 bis unter 12 Monate) | 10* |
Kinder (1 bis unter 15 Jahre) | 20 |
Jugendliche und Erwachsene (15 bis unter 65 Jahre) |
20 |
Erwachsene ab 65 Jahre | 20 |
Schwangere | 20 |
Stillende | 20 |
Quelle: DGE 2012
Der Schätzwert wird durch Gabe einer Vitamin D-Tablette zur Rachitisprophylaxe ab der ersten Lebenswoche bis zum Ende des ersten Lebensjahres bei gestillten und nicht gestillten Säuglingen erreicht. Die Gabe erfolgt unabhängig von der endogenen Vitamin D-Synthese und der Vitamin D-Zufuhr durch Frauenmilch bzw. Säuglingsmilchnahrungen. Die Prophylaxe sollte im zweiten Lebensjahr in den Wintermonaten weiter durchgeführt werden.
Alarmierend wäre allerdings die beschriebene Diskrepanz zwischen der zur Aufnahme empfohlenen Menge an Vitamin D und der tatsächlichen Aufnahme hierzulande. So schätzt die DGE die tägliche Vitamin D-Aufnahme von Kindern auf lediglich 1-2 µg, bei Jugendlichen und Erwachsenen auf ca. 2-4 µg. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 60 Prozent der Bevölkerung Deutschlands unzureichend mit Vitamin D versorgt sind.
Eine Ursache hierfür wird in der geringen Verbreitung von Vitamin D in Lebensmitteln gesehen. Reich an Vitamin D sind insbesondere fettreiche Fische wie Lachs, Hering und Makrele. Auch Leber, Eigelb, einige Speisepilze und angereicherte Margarine enthalten Vitamin D, allerdings in deutlich geringeren Mengen.
![Sonnen im Park](https://www.ernaehrung.de/blog/wp-content/debinetUploads/2012/01/Sonnen-im-Park2-PamelaVWhite-300x253.jpg)
Sonnenlicht unterstützt die Vitamin D-Bildung in der Haut.
Einen Teil der Lücke zwischen Aufnahme und Bedarf kann der Körper durch Eigensynthese von Vitamin D decken. Die körpereigene Bildung ist jedoch abhängig vom Stand der Sonne. In Deutschland reicht die Sonneneinstrahlung nur ca. 6 Monate im Jahr aus, um ausreichend Vitamin D bilden zu können. Als fettlösliches Vitamin kann Vitamin D vom Körper im Fettgewebe aber auch für Mangelzeiten gespeichert werden. Bedenklicher ist die Versorgungssituation von älteren Menschen: Sie können auch bei ausreichender Sonneneinstrahlung weniger Vitamin D bilden als jüngere. Aus diesem Grund sollte bei Senioren rechtzeitig an eine Supplementation von Vitamin D (evtl. in Kombination mit Calcium) gedacht werden, insbesondere wenn sie in ihrer Mobilität eingeschränkt, chronisch krank oder pflegebedürftig sind.
Bei jüngeren Menschen sieht die Versorgungslage besser aus. Die DGE geht davon aus, dass die Sonneneinstrahlung bei ihnen insgesamt gesehen ausreicht, um die zusätzlich zur Aufnahme benötigte Menge an Vitamin D zu bilden. Menschen, die sich kaum oder nur vollständig bekleidet im Freien aufhalten, benötigen dagegen möglicherweise zusätzlich ein Vitamin D-Präparat.
Quellen einblenden
- DGE (2012): Neue Referenzwerte für Vitamin D. Presseinformation vom 10.01.2012.
- J. Linseisen, A. Bechthold, H. A. Bischoff-Ferrari, B. Hintzpeter, E. Leschik-Bonnet, J. Reichrath, P. Stehle, D. Volkert, G. Wolfram, A. Zittermann (2012): Vitamin D und Prävention ausgewählter chronischer Erkrankungen. Stellungnahme der DGE.
- DGE (2012): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Vitamin D. 1. Auflage, 4. Korrigierter Nachdruck.
Zum Thema
BBC (24.01.2012): Experts review vitamin D advice
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 25. Januar 2012 um 12:03
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